13.06.2024 12:21 | |
Beigetreten: 01.02.2021 Letzter Bes: 14.11.2024 Beiträge: 1468 Bewertung: (149)
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Hallo SIOS-Forum Community, In diesem Beitrag möchte ich klären, wann und warum es sinnvoll ist, Antriebe über eine Taktsynchrone Kommunikation an die Steuerung anzubinden. Bei der Verwendung von Motion-Technologieobjekten wird der Regelkreis der Achse auf den Antrieb und die Steuerung aufgeteilt. Die Drehzahlregelung und Momentenregelung werden hierbei im Antrieb gerechnet, während die Lageregelung und die Berechnung der Fahrprofile (Sollwertgenerierung) in der Steuerung stattfinden. Wird die Verbindung zwischen Steuerung und Antrieb taktsynchron, über Profinet IRT aufgebaut, werden die Regelkreise in Steuerung und Antrieb exakt synchronisiert. Zudem wird auch die Kommunikation so auf die Regelung synchronisiert, dass jedes Telegramm, das zwischen Steuerung und Umrichter ausgetauscht wird, genau dem richtigen Regeltakt zugeordnet werden kann. Dadurch verhält sich die Regelung so, als ob alle Regelkreise im gleichen Gerät berechnet werden würden. Wird die Kommunikation zwischen Steuerung und Antrieb nicht synchronisiert und über Profinet RT aufgebaut, ist diese exakte Synchronisation der Regelkreise nicht möglich. In diesem Fall werden die Regler zwar weiterhin im gleichen Takt (z.B.: 4 ms) bearbeitet, aber eben nicht mehr synchron. Durch Einflüsse, wie minimale Unterschiede der Systemtakte in Steuerung und Antrieb oder schwankende Kommunikationslast auf der Profinet-Verbindung, kann es nun vorkommen, dass in unregelmäßigen Abständen entweder 2 Datenpakete in einem Regelzyklus kommuniziert werden, wodurch ein Datenpaket verworfen wird und dem Regler nicht zur Verfügung steht oder innerhalb eines Regeltaktes gar kein Datenpaket ankommt. Zur Verdeutlichung der Auswirkungen dieses Problems habe ich hier einen kleinen Vergleich vorbereitet. Der Aufbau besteht aus einer S7-1500 T-CPU und zwei S210 Antrieben. Beide S210 werden über das Standard-Telegramm 3, von zwei Achs-Technologieobjekten angesteuert. Beide Technologieobjekte sind identisch projektiert. Lediglich die Kommunikation ist bei der „MasterAxis“ asynchron über Profinet RT und bei der „SlaveAxis“ taktsynchron über Profinet IRT angelegt. In dem folgenden Trace sind, von oben nach unten, 4 Diagramme zu sehen:
Beide Achsen werden mit aktiviertem Lageregler über MC_MoveVelocity mit 360°/s verfahren. In dem Trace der SlaveAxis (taktsynchron) kann man erkennen, dass die Achse sehr sauber dem Sollwert folgt und die Drehzahl nur minimal um den vorgegebenen Wert schwankt. Der Trace der MasterAxis (asynchron) zeigt hingegen ein typisches Phänomen der nicht synchronisierten Kommunikation. In diesem Beispiel ist ein Telegramm vom S210 zur Steuerung minimal zu spät angekommen. Dadurch ergibt sich folgendes Erscheinungsbild: In dem Zyklus vor dem Zeitpunkt 0 hat die Steuerung kein Telegramm mit der aktuellen Istposition empfangen, Dadurch steht die Achse scheinbar einen Zyklus lang still und die Steuerung errechnet eine Istgeschwindigkeit der Achse von 0°/s. Dieser vermeintliche Fehler wird durch Erhöhen des Drehzahlsollwertes korrigiert. Im darauffolgenden Zyklus empfängt die Steuerung nun wieder rechtzeitig zum Start des Regelzyklusses ein Telegramm mit der aktuellen Position. Scheinbar hat sich die Achse in diesem Zyklus doppelt so weit bewegt, wie vorgegeben, woraus sich eine Istgeschwindigkeit 720°/s ergibt. Ein Servoantrieb wie der S210 ist in der Regelung so schnell, dass diese kurzen Sprünge im Drehzahlsollwert tatsächlich zu einer nennendwerten Drehzahländerung des Antriebs führen, was die Achse deutlich zum Schwingen anregt. Durch Vergrößern des Traces ist deutlich der Ausfall eines Positionswertes und die daraus folgenden Schwankungen in der Drehzahl zu erkennen. Zunächst ist dieses Phänomen nicht besonders kritisch und fällt gerade bei eher Trägen Antrieben, wie Asynchronmotoren nicht ins Gewicht, da hier durch die Störungen ausgemittelt werden und keine nennenswerte Auswirkung auf die tatsächliche mechanische Drehzahl der Achse hat. Anders sieht es bei hoch dynamischen Servoantrieben aus. Hier kann die Störung so stark sein, dass die Achse tatsächlich zum Schwingen angeregt wird. Das führt zum einen zu einem hörbaren rauschen, und andererseits zu einer relativ hohen elektrischen und damit auch thermischen Belastung des Motors und Frequenzumrichters, da für die starken Drehzahländerungen kurzzeitig hohe Motorströme auftreten, die kein nutzbares Drehmoment erzeugen. Um ein Schwingen bei nicht asynchroner Kommunikation zu verhindern, müssen die Regler des Antriebs deutlich weicher eingestellt werden, als es mit einer taktsynchronen Kommunikation möglich wäre. Zusätzlich kann ohne taktsynchrone Kommunikation auch kein Dynamic Servo Control (DSC) eingesetzt werden, wodurch die Dynamik der Achse zusätzlich stark leidet. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine taktsynchrone Antriebsanbindung, im Idealfall in Kombination mit DSC (Lageregelung im Antrieb) bei Servoachsen immer empfehlenswert ist. Je größer und undynamischer die Achse ist, desto unkritischer wird das Verhalten der Achse auf entsprechende Störungen. Daher wird gerade bei Asynchronmotoren häufig auf eine taktsynchrone Kommunikation verzichtet. Weitere Informationen zur Projektierung einer taktsynchronen Kommunikation finden Sie in dem Forenbeitrag "Taktsynchrone Ausgeführung von MC-Servo, Rückwandbus und PN/DP Netzwerk". Hinweis: Die in diesem Beitrag beschriebene Vorgehensweise bezieht sich auf den Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags (Stand: Juni 2024). Mit freundlichen Grüßen Fachberatung Deutschland (AM) |
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