S7-Communiction vs. Open User Communication (S7-1200/1500)

Wieso empfiehlt Siemens im Handbuch SIMATIC S7-1500, ET 200MP, ET 200SP, ET 200AL, ET 200pro, ET 200eco PN Kommunikation im Kontext der Beschreibung der S7-Kommunikation (Kapitel 8) eher die offene Kommunikation (Open User Communication) zu verwenden?

Zunächst ist festzuhalten, dass die S7-Kommunikation einschließlich der „beliebten“ Kommunikationsanweisungen PUT/GET auch bei der S7-1200/1500 nach wie vor unterstützt werden, mindestens aus Gründen der Kompatibilität zu S7-300/400. Jedoch spricht einiges für die Verwendung von Verbindungen der Open User Communication (OUC) und dies insbesondere dann, wenn Anwendungen mit bisheriger Nutzung von PUT/GET migriert werden müssen.


Adressierung und Konsistenz

Die Kommunikationsanweisungen PUT/GET können nur auf nicht optimierte Datenbereiche zugreifen, zudem muss der Datenbereich beim Partner absolut adressiert werden, beides deckt sich grundsätzlich nicht mit den Programmierempfehlungen für die S7-1200/1500.

Bei der OUC kopiert jeder der beiden Kommunikationspartner seine Nutzdaten in das eigene Sendefach bzw. aus dem eigenen Empfangsfach, der Zugriff funktioniert vollsymbolisch und grundsätzlich auch mit optimierten Daten.

Bei Zugriffen mit PUT können sich auf der Server-Seite (also der passiv kommunizierenden 1500er CPU) die Daten zu beliebigen Zeitpunkten ändern, eine mit der eigenen Applikation synchronisierte konsistente Übernahme der von außen mit PUT geschriebenen Daten ist nur bedingt möglich bzw. erfordert zusätzlichen Programmieraufwand. Dies gilt im Grunde analog auch für Daten, die für das Lesen mit GET für den aktiven Partner konsistent bereitgestellt werden sollen. Bei der S7-300 war dies anders, da diese nur zwischen den OB1-Zyklen kommuniziert, insofern muss hier bei der Migration auf die S7-1500 genau hingesehen werden, ob es zu Problemen kommen kann.

Das genannte Handbuch geht in Kapitel 4.5 Datenkonsistenz darauf genauer ein (Auszug): „Es gibt keinen Zeitpunkt innerhalb der Bearbeitung des zyklischen Anwenderprogramms, an dem die Daten konsistent ausgetauscht werden. Die Länge des zu übertragenden Datenbereichs sollte kleiner sein als 512 Bytes.“

Bei der OUC kann man über eine Flanke am NDR-Ausgang des RCV-Bausteins das Eintreffen neuer Daten erkennen. Letztlich braucht es dann zwar auch noch einen Kopier-Vorgang, aber dieser ist über NDR einfach zu triggern und durch eine vollständige Entnahme der Empfangsdaten im OB1-Zyklus der NDR-Flanke ist auch die Konsistenz über größere Datenmengen hinweg gesichert.

Sicherheit

Die passive CPU weiß im Falle einer beim Partner einseitig projektierten S7-Verbidung im Grunde vorher nichts von der Verbindung und weiß auch nicht, wer sich da verbindet. Insofern werden PUT/GET-Zugriffe auch aus Security-Perspektive heute kritischer gesehen. Aus diesem Grunde muss ein Anwender den Zugriff über PUT/GET auf die CPU auch in den Baugruppeneigenschaften einer S7-1200/1500er CPU explizit freigeben.

Für den Zugriff über PUT/GET ausgehend von einem Controller gibt es keine Lösung für eine integrierte Secure Communication (also PLC-seitig verschlüsselte Kommunikation), es sei denn, es gibt noch einen vorgelagerten oder über einen zusätzlichen Kommunikationsprozessor realisierten VPN-Tunnel.

Anders verhält es sich bei der OUC: Die beidseitig programmierten Verbindungen können TLS-basiert verschlüsselt kommunizieren.


Hinsichtlich Adressierung und Konsistenz würde mit BSEND/BRCV über eine S7-Verbindung ähnlich zu arbeiten sein wie mit den SEND/RCV-Anweisungen der Open User Communication, jedoch ist zwingend mit projektierten Verbindungen zu arbeiten. Integrierte Secure Communication stünde aber auch hier nicht zur Verfügung.


Viele Grüße

Eure Fachberatung Deutschland (MT)